
„Alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird.“
(1. Timotheus 4,4)
Liebe Gemeindeglieder,
nicht erst in unseren Tagen, sondern schon zur Zeit der ersten Christen wusste man um den Zusammenhang von Leib und Seele und Nahrungsmitteln. Damals wie heute waren Nahrungsmittel zum Problem geworden, und viele haben sich gefragt: Ja, was kann man denn überhaupt noch essen? Nun gab es damals Leute, die sich als Christen verstanden, die richteten große Warnschilder auf: Tut dies nicht und jenes nicht, esst dieses nicht und lasst jenes nicht auf den Tisch kommen, denn es ist schädlich, es schadet eurer Seele, eurem inneren Menschen.
Der Apostel Paulus geht mit einem grundlegenden Satz auf dieses Problem ein: „Alles, was Gott geschaffen hat, ist gut.“ Damit sind zwar nicht alle Probleme vom Tisch gewischt, aber es ist eine Richtung gewiesen, die vom ängstlichen Jammern zum fröhlichen Danken führt: Gott hat doch alles gut gemacht. So heißt es auch im Schöpfungsbericht am Anfang der Bibel: „Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.“ Die Frage ist freilich, was wir Menschen daraus gemacht haben. Doch wir sollten dankbar sein, haben wir doch in unseren Breitengraden so viel. Darüber sollten wir den Dank gegenüber dem Schöpfer nicht vergessen.
Pfarrer Wilhelm Busch erzählte: Ich erinnere mich, dass wir in unserer Kindheit einen reichen Onkel hatten. Wenn er zu Besuch kam, brachte er immer herrliche Geschenke mit: Schokolade, Pralinen… (für die damalige Zeit noch etwas Besonderes). Wir Kinder erwarteten ihn immer stürmisch: „Onkel, hast du…?“ Und denken Sie, ich weiß gar nicht mehr, wie der Onkel aussah. Ich sehe nur noch die vollen Taschen vor mir. Das heißt: Der Onkel war mir im Grunde ganz egal, ich wollte seine Geschenke. – W. Busch sagt dann etwa so: Viele machen‘ s auch mit Gott so: Sie wollen nur seine Geschenke, seine guten Gaben, aber ihn selbst vergessen sie.
Weil wir aber von Gott reich beschenkt sind, wollen wir lernen, ihm zu danken. Das tun wir immer wieder, aber besonders im Gottesdienst am Erntedankfest am 3. Oktober. Wir lassen uns neu sagen, dass wir Empfangende sind. Wer dankbar empfängt, der nimmt nicht alles für selbstverständlich; der verschlingt z. B. nicht gedankenlos, was auf dem Teller ist. Er oder sie wird für das Essen danken. Paulus erinnert die Christen an den uralten jüdischen Brauch des Tischgebets. Und er fügt sogar an: Das, was wir empfangen, „wird geheiligt durch das Wort Gottes und das Gebet.“ Täglich sollten wir Gott danken, gerade für das Essen. Kein Mensch regt sich mehr darüber auf, dass ein muslimischer Arbeitskollege beim Betriebsfest keine Schweinsbratwurst isst, aber viele machen große Augen, wenn es einem christlichen Nachbarn einfällt, vor dem Essen die Hände zum Gebet zu falten. Dabei ist es für den Christen das Selbstverständlichste, Gott auch für das Essen zu danken. Darum, liebe Mitchristen, seien wir nicht so schüchtern und ängstlich, zeigen wir durch ein einfaches Tischgebet, wem wir gehören, was uns wichtig ist! Alle Bereiche unseres Lebens gehören Gott, auch der wichtige Lebensbereich unseres täglichen Essens und Trinkens. Ein einfaches Tischgebet kann ein Zeichen dafür sein.
Ich wünsche uns allen, dass wir uns gerne von Gott beschenken lassen und den Dank für das Empfangene ihm gegenüber immer wieder zum Ausdruck bringen.
Herzlich grüßt Sie
Ihr Pfarrer Hans Weghorn