Besinnung Gemeindebrief Februar-April 2016
„Errette mich, mein Gott, von meinen Feinden; zu dir nehme ich meine Zuflucht.“
(Psalm 143,9)
Liebe Gemeindeglieder,
die „Flüchtlingskrise“ war eines der beherrschenden Themen, wenn nicht das Thema des Jahres 2015. Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen: Sie wird uns auch im angefangenen Jahr 2016 beschäftigen. Menschen sind auf der Flucht, kamen und kommen zu Hunderttausenden in unser Land; und es werden noch viele sein, die bei uns nach Aufnahme und Heimat suchen. In den nächsten Monaten werden etwa neunzig Flüchtlinge in die Flüchtlingsunterkunft in Speikern einziehen. Wie begegnen wir ihnen? Finden sie bei uns Zuflucht und ein „Willkommen“?
Natürlich muss man Befürchtungen und Ängste ernst nehmen, die nicht zuletzt auch durch die Vorkommnisse der Silvesternacht in Köln und anderen Städten verstärkt werden. Es gibt Wirtschaftsflüchtlinge, Menschen, die in ihrem Heimatland gar nicht unter Krieg und Terror leiden und hier ein angenehmeres Leben führen wollen. Wie bei uns auch – unter den Flüchtlingen gibt es „solche und solche“. Und es muss ohne Frage zu einer gerechteren Verteilung der Flüchtlinge in der gesamten Europäischen Union kommen. Nein, als Christen, als Gemeinde Jesu Christi sehen wir die Lage nicht durch die „rosarote Brille“, sondern bleiben auf dem Boden der Tatsachen.
Aber wir haben auch die Verpflichtung, den Menschen, die in wirklicher Not sind, Aufnahme und Schutz zu gewähren. Unter ihnen sind ja immer auch Glaubensgeschwister, Christen, die in ihrer Heimat wegen ihrer Religionszugehörigkeit und ihres Glaubens unterdrückt und verfolgt wurden. Sie haben vielleicht den oben genannten Psalmvers aus eigener Betroffenheit gebetet: „Errette mich, mein Gott, von meinen Feinden…“ Sie und viele andere können bei uns, in einem Land, das immer noch zu den reichsten der Welt gehört und in dem nun seit gut siebzig Jahren Frieden herrscht, Geborgenheit und Zuflucht finden. Darum engagieren sich auch Christen unserer Kirchengemeinde im Unterstützerkreis, der sich der Flüchtlinge annimmt. Auch deshalb, weil sie den kennengelernt haben, von dem der Psalmbeter bekennt: „Zu dir nehme ich meine Zuflucht.“ Weil wir selber Zuflucht bei dem lebendigen Gott gefunden haben und durch Jesus innere Heimat, Sinn und Geborgenheit erfahren, können wir offen sein für Menschen, die auf der Suche sind und sich neu orientieren müssen. Wir geben ihnen Anteil an dem Guten, das wir erfahren haben, an materiellen Werten und an menschlicher Zuwendung. Und wenn es sich ergibt, geben wir den Neuankömmlingen auch etwas weiter von dem Glauben und der Hoffnung, die wir durch Jesus Christus haben. Denn wir haben einen Gott und Herrn, dem Leid und Verfolgung nicht fremd sind, der selber das Schwerste durchlitten hat und der an Ostern den Tod überwunden hat; in der Passions- und Osterzeit lassen wir uns neu daran erinnern. Zu diesem Herrn und Gott dürfen wir alle, ob Einheimische oder Fremde, Zuflucht nehmen.
Herzlich grüßt Sie
Ihr Pfarrer Hans Weghorn
|