Kennen Sie das Amtsgericht in Hersbruck? Der Ort, an dem für unsere Region Recht gesprochen wird. Wer hier einen Termin hat, der hofft, dass es gerecht zugeht, dass ohne Ansehen der Person Böses und Gutes abgewogen wird. Das ist nicht unbedingt selbstverständlich. Der Prophet Jesaja klagt relativ zu Anfang seines Wirkens mit sieben Wehklagen im Namen Gottes die Oberschicht Israels an, dass sie sich weder an Gesetz und Recht noch an Gottes Gebote hält. Ein Satz aus dieser Anklage ist der Monatsspruch für den November:

„Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen!“ Jesaja 5,20 (L)
Jesaja hält dem Volk Israel einen Spiegel vor und droht mit Vergeltung und Untergang, wenn sich das Verhalten der Menschen nicht ändert. Ihm geht es um Recht und Gerechtigkeit. Jesaja spricht die Korruption und Bestechlichkeit der Richter und Könige an, die nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind und die Rechte der Armen, der Frauen und Kinder nicht beachten. Er klagt an, dass manche ihr eigenes Recht machen: Sie verbreiten Lügen. Wir würden heute sagen, dass sie „Fake News“ weiter geben. Sie verkehren die Tatsachen, wenn sie das Böse gut und das Gute böse nennen, die Finsternis Licht nennen und umgekehrt. Jesaja wirft ihnen die Ausnutzung ihrer Macht aus purem Egoismus, vor. Und was die normalen Menschen am Verhalten der Oberschicht beobachten, übernehmen sie für ihr Leben. Auch sie halten sich nicht mehr an die Gesetze, sondern versuchen so gut wie möglich durchs Leben zu kommen.
Jesaja befürchtet, dass durch dieses Verhalten Rechtlosigkeit eintreten wird. Eine stabile Gesellschaft lebt davon, dass die Gesetze befolgt werden und die Richter unabhängig Recht sprechen, ohne Ansehen der Person. Nicht ohne Grund trägt die Figur der Justitia eine Augenbinde.
Und – wie sieht es heute in der Welt aus? Bestechlichkeit, Machtmissbrauch, Leugnung der Tatsachen wie den Klimawandel oder die Corona Epidemie, davon lesen wir täglich in der Zeitung oder hören es in den Nachrichten. Wir wollen nicht hören und sehen, wie unser Verhalten sich auf die Lebensbedingungen der ganzen Welt auswirkt. Jesaja und durch ihn der alttestamentarische Gott versuchten das Volk durch Drohungen und Wehklagen zur Umkehr zu bringen. Für uns heute klingt es sehr nach schwarzer Pädagogik. Sie hat schon damals nicht funktioniert. Gott ließ seinen Zorn über Israel aus und führte es in die Verbannung. Auch bei uns kommen Strafen und Verbote nicht gut an. Die Menschen müssen aus eigener Einsicht und Verantwortung ihr Leben ändern und den Tatsachen ins Auge sehen. Dann ist es möglich, auch das Handeln danach ausrichten. Jesus möchte jedenfalls, dass wir gerade aus der Freiheit des Glaubens heraus seine guten Gebote halten.
Uns so bedenken wir im November das Ende des Lebens und das Ende Zeit, freuen wir uns im Dezember über die Menschwerdung Jesu und beginnen im Januar mit Zuversicht das neue Jahr.
Herzliche Segensgrüße
Ihr Friedrich Rößner